Lütte

Mein Liebes Dorf Lütte, Teil 1 (1995)

Pfarrer, Dichter, Chronist GUSTAV ADOLF UHLMANN schrieb 1865 in Lütte:
"Was mich stärkt, ist die Bewegung in der freien Luft, das Luftbad auf den Hügeln, in den Tälern, Erlengebüschen. Feldern und Wiesen meines schönen Dorfes Liitte."
"Ich bin 66 Jahre alt und denke, hier mit den Waffen in der Hand zu sterben."
"1822 hatte ich die Steile des jüngsten Lehrers am Gymnasium zu Potsdam erhalten, 1825 das Pfarramt in Nowawes, in welchem ich gern geblieben wäre. ... In einer unaussprechlichen glücklichen Ehe war ich schon mit drei Kindern gesegnet und zu deren Erziehung reichten die Einkünfte von Nowawes (400 Taler) nicht hin."

"Nach vielen abgewiesenen Bewerbungen erhielt ich 1831 die Pfarre zu Liitte. dachte hier endlich zur Ruhe zu kommen, musste aber bis jetzt mit Not und Sorgen kämpfen."
"Eine Dorfchronik kann (gegenüber der Stadtchronik) auch nur einförmig, still, mager und dürr werden. Weil mir aber hier in Lütte keine Nachrichten vorliegen und keine wichtigen Dinge sich zugetragen haben, hat sich keine andere Quelle ergeben als die Natur, die uns umgibt, und die Erfahrung, welche ich von 1831 an, dem Jahre meines Amtsantrittes, gemacht habe, zu denen ich noch die Kirchenbücher und einige in den Pfarrakten zerstreute Nachrichten füge."
Erklärung aus der Redaktion 1995
Ich weiß nicht, was mich am meisten bewegt, wenn ich seine Sätze lese. Ist es seine Liebe zu der "anmutigen Landschaft und seinem idyllischen Dorf Lütte", also weil er Land und Leute hier im Fläming ebenso mag wie ich. Oder ist es seine sprachliche Leistung vor mehr als hundert Jahren. Ist es vielleicht auch Neugier darauf, wie einer damals die Zeit erlebte?
Es wird mancher, der Uhlmanns Handschrift in den 130 vergangenen Jahren in die Hand genommen hat, gedacht haben, wann endlich kann daraus eine Druckschrift werden. Nun ist es möglich geworden. Die Gemeindevertreter haben es so gewollt. Die Rettung einer Handschrift ist geglückt.
Dank allen, die diesen historischen Schatz in Lütte sorgsam bewahrten.
Helga Kästner

Inhalt

Die Lütter Chronik von Pfarrers Uhlmann (1865)
Aus dem alten Kirchenrechnungsbuche der Gemeinde Lütte, zusammengestellt von Erich Wendel 1927
Aus der Lütter Schulchronik, aufgeschrieben von den Lehrern Kremzow und Hübner (1888-1933) Die Freiwillige Feuerwehr zu Lütte. Aus den Protokollen 1924 bis 1941
Kirchen- und Schulvisitationen in Lütte 1530 und 1534.
Aus dem Kirchenjahrbuch 1904

Über Lütte im "Historischen Ortslexikon" zu l

esen Seite 24/25
Beschäftigung und Nahrungszweige der Einwohner
Die irdische Natur, in deren blumige Täler und Auen der liebe Gott als seinen Garten, den er anbauen soll, den Menschen gesetzt hat, dringt und mahnt ihn zunächst zur Erhaltung und Ernährung seines sinnlichen Lebens und eröffnet ihm vier Gebiete und Tätigkeiten zu diesem Zwecke: den Ackerbau, die Viehzucht, die Jagd und die Fischerei. Den Lüttern, die keine tiefen Forsten und Urwälder und auch keine Ströme und Seen haben, bleiben nur die beiden ersten. Ihre Fischerei beschränkt sich sehr auf das Krebsen in den Gräben ihrer Wiesen und der nahen Plane, und ihre Jagd, die seit dem Jahre des allgemeinen politischen Rausches 1848 begonnen und sich damals zu
großartigen Treibjagden auf ihrer Feldmark unter fröhlicher Teilnahme der munteren Dorfjugend zu erheben suchte, hat bald ihre stolzen Fittiche gesenkt und damit geendigt, dass 2 bis 3 der Hüfner und Kossäten, welche in ihrer Militärzeit die Büchse führen gelernt, die Jagdgerechtigkeit auf der Feldmark gepachtet haben, abends mit den Gewehren zuweilen in die Natur und aufs Feld schleichen und einige Hasen mit nach Haus bringen. Die Hauptabsicht der Schützen geht aber dahin, ihre in oder an der Forst gelegenen Getreidefelder gegen Wildschaden zu schützen, weshalb die Jagd auch nicht an Förster oder Edelleute verpachtet wird, die weit mehr Pacht mieten, aber auch das Wild schonen und auf den Getreidefeldern sich nähren lassen würden. Je weniger die Lütter des stillen, sinnlichen Fischfanges oder der lauten, fröhlichen Jagd pflegen, desto mehr betreiben sie Ackerbau und Viehzucht, soweit ihre Kraft und ihr Gebiet reicht.

Der Ackerbau

Es wird nach der Beschaffenheit des Ackers am meisten Roggen und Gerste, viel weniger Weizen und Hafer angebaut, auch Kartoffeln und sehr viel Runkelrüben zur Viehfütterung. Aber sehr bedeutend und erträglich ist der Anbau nicht. Lütte gehört nicht zu den reichen Korndörfern und gewinnt gewöhnlich nur so viel Getreide, wie zur Erhaltung der Wirtschaft, zu Brot und Saatkorn und für die hohe Pacht an das Amt Belzig erforderlich ist. Der Acker ist nicht der beste und lohnt nur kärglich den sauren Schweiß der Bearbeitung, der Acker auf den Bergen ist sandig, er gibt wenig mehr als das 4. bis 6. Korn, und die Niederungen sind wieder zu feucht und grasig, das Unkraut ist nur mit großer Mühe, gründlich niemals zu tilgen. Sie kosten zu viel Lohn für Handarbeit zum Graben und Hacken und viel Dung. Gerste und Weizen geben kaum das 6. Korn; Kartoffeln,. Rüben, Lein sehr gut. Früher ist in Lütte wie fast in allen Dörfern die Drei-Felder-Wirtschaft üblich gewesen: ein Feld zur Wintersaat, ein Feld zur Sommersaat und das dritte zu Kartoffeln und Brache mit Hütung. Damals war der Ertrag noch geringer als jetzt. wo nach vollendeter Separation jeder Landwirt seine Pläne so gut benutzt wie nur immer möglich. Seit dieser Zeit 1848 hebt sich der Ackerbau sichtlich, die sandigen Felder werden durch Lupinen doch etwas gebessert, die guten Ländereien werden auch teilweise mit Rüben bebaut, die Steine abgelesen, die Sümpfe ausgetrockne,. die Brüche in der Feldmark ausgerodet, z. B. ist das Brückchen im ehemaligen Mittelfelde ganz verschwunden und in gutes Gartenland verwandelt, ebenso auch die Dornen- und Haselbuschhecken auf der Bucht.

Die Gärtnerei

Diese wird fleißig betrieben und schon von älteren Zeiten her. In alten sächsischen Akten heißen die Lütter im allgemeinen Gärtner. Die dichten Erlenbüsche um das Dorf her sind ganz ausgerodet. Sie liefern jetzt als Wiesen, Gärten und Weiden großen Ertrag. Die Gärten waren früher größtenteils Hopfengärten, es wurde reichlich gewonnen, und viel Geld ist durch den Hopfen ins Dorf gekommen. Die alten Leute reden jetzt noch von jener goldenen Zeit des Hopfenhandels. Aber der bessere Hopfen aus Bayern und der Altmark hat den Lütter Hopfen von den Märkten verdrängt, daher ist die "Dröhe Heide", wie die Hopfenpflanzungen wegen der langen, trockenen Stangen genannt wurden, ganz verschwunden, und ihre Stätte ist nicht mehr zu finden. Sie ist jetzt mit dem grünen und bunten Teppich von Gerste und Hafer, Mohn und Flachs, auch Runkelrübenfelder, bedeckt, was sehr mit beigetragen hat, den Lütter Gärten ihr schönes, anmutiges, freundliches, blumiges Ansehen zu geben. Die Gemeinde hat die lange Dorfstraße, besonders am Dorfbache, mit einer vierfachen Reihe von Obstbäumen bepflanzt. Liebliche und reiche Blüte im Frühling, erquicklichen Schatten im Sommer und goldene Fruchtkränze im Herbst rechtfertigen vorzüglich den Namen eines schönen Dorfes für Lütte. Endlich haben die Hausgärten, und seit dem Neuaufbau der eingeäscherten Strohhütten 1834 auch die Zwischenräume, sehr viel Obst, besonders Pflaumenbäume. Zur Zeit der Obsternte ist auf der Dorfstraße ein reicher, lustiger, einträglicher Verkehr entstanden, eine Messe im kleinsten Maßstabe. Sie gewährt den Landleuten einen zwar nur geringen, aber sehr dankenswerten Ersatz für den eingegangenen Hopfenmarkt.